Zeit ist dein bester Freund – nicht investiert zu sein ist teurer, als du denkst
- Andreas Herth
- 16. Okt.
- 3 Min. Lesezeit

Neulich hatte ich wieder so ein Gespräch, das mich zum Nachdenken gebracht hat. Ein ehemaliger Kollege und ich – beide seit Jahrzehnten an den Finanzmärkten aktiv – diskutierten über unser Lieblingsthema: Finanzmärkte.
Das Interesse an Finanzthemen ist in der Gesellschaft zwar ausbaufähig aber grundsätzlich präsent, allerdings….viele sind kurz begeistert, schauen sich ein paar YouTube-Videos an, vielleicht sogar ein Buch – und dann kommt der Satz, den ich schon unzählige Male gehört habe:
„Ich kenne mich zu wenig aus, und im Moment habe ich einfach keine Zeit, mich intensiver damit zu beschäftigen. Bevor ich etwas falsch mache, lasse ich es lieber bleiben.“
Und da sage ich mir jedes Mal: Schade!
Denn nichts zu tun ist langfristig die deutlich schlechtere Entscheidung.
Mach Dich schlau und bleib dabei, es wird sich lohnen.
Die Ungeduld der Jungen und die Vorsicht der Älteren
Die jüngere Generation ist neugierig, offen und experimentierfreudig, aber auch ungeduldig, wenn Ergebnisse nicht schnell sichtbar werden – und oft fehlt noch die Erfahrung. Die Älteren bringen dagegen Erfahrung mit, sind dafür meist vorsichtiger, risikoaverser und empfinden Zeit als knapperes Gut.Am Ende führt der unterschiedliche Umgang mit Zeit bei beiden Generationen erstaunlicherweise zum gleichen Resultat: Ungeduld.
Zeit und Geduld sind deine besten Freunde beim Investieren.
Der perfekte Zeitpunkt für den Einstieg? Den gibt es nicht!
Wenn dein Anlagehorizont 15 Jahre oder länger ist, spielt das Timing keine grosse Rolle mehr – Investiert sein und bleiben ist das Entscheidende.
Timing-Illusion: Das Bitcoin- und Finanzkrisen-Beispiel
Nehmen wir Bitcoin. Hätte ich damals zu den Glücklichen gehört, die bei 1 Dollar gekauft haben – ehrlich gesagt, ich hätte wahrscheinlich spätestens bei 100 Dollar verkauft und zwar alles. Ich hätte mir danach eingeredet, bei 50 wieder einzusteigen. Hätte, wäre, könnte...So läuft das Spiel eben.
Oder 2008, während der Finanzkrise. Ich weiss noch genau, wie ich damals sagte:
„Jetzt ist dann langsam fertig mit der Korrektur.“ Gekauft habe ich trotzdem nicht. Nach Gesprächen mit anderen Händlern schwappte die allgemeine Panik auf mich über. Ich dachte: Warten wir lieber, bis sich der Markt stabilisiert. Nur – Stabilität erkennst du erst im Rückspiegel.
Zwei verschiedene Welten: Trading und Investieren
Ein Teil dieser Fehleinschätzungen kommt daher, dass viele Trading und langfristiges Investieren vermischen. Als ehemaliger Händler weiss ich: kurzfristig agieren heisst schnell entscheiden, reagieren, absichern. Investieren dagegen heisst planen, halten, Geduld haben.
Beides kann funktionieren – aber man muss sie wie zwei verschiedene Geschäftsmodelle behandeln und insbesondere beim Trading viel Zeit investieren. Egal welchen Ansatz man verfolgt, eines gilt immer: Der Fokus sollte auf dem Cash- und Risikomanagement liegen, nicht auf der Jagd nach dem perfekten Einstieg.
Wenn Aktien stark steigen, sinkt die Cash-Quote automatisch prozentual. Dann kann man gezielt etwas Gewinn mitnehmen, um sie wieder auf das Zielniveau zu bringen. Fällt der Markt, steigt die Cash-Quote prozentual – Zeit, wieder einzusteigen. So bleibst du dauerhaft investiert, aber trotzdem flexibel.
Psychologie – dein wahrer Gegenspieler
Klingt einfach, oder? Dann frag dich, warum es kaum jemand konsequent so macht. Weil es nicht die Strategie, sondern die Psychologie ist, an der die meisten scheitern.
Wenn Märkte steigen, regiert Euphorie: „Ich verpasse was!“ Wenn sie fallen, regiert Panik: „Ich verliere alles!“ Beides sind mächtige Emotionen – und beides führt zu Fehlentscheidungen.
Erfolgreiches Investieren heisst, deine Emotionen zu managen. Nicht mit komplizierten Tools oder Charts, sondern mit Geduld, Systematik und einem klaren Plan.
Mein Fazit
Nach über 40 Jahren in der Finanzbranche möchte ich es auf den Punkt bringen:
Nicht investiert zu sein ist am Ende des Weges teurer, als einen schlechten Zeitpunkt zu erwischen.
Investieren ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf. Wer glaubt, er müsse erst alles perfekt verstehen, bevor er loslegt, der wird den Start verpassen.
Bleib investiert - bleib geduldig – und vor allen Dingen bleib dran!
Nutze und benutze Zeit denn sie ist dein grösster Verbündeter.




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